Was ist der Unterschied zwischen endlich und schließlich?

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Im Sprachunterricht ist Vokabellernen das A und O. Sprich: Grammatik hilft bei der Kommunikation in einer Fremdsprache nur bedingt. Wenn man keine Wörter kennt, kann man sich auch nicht unterhalten.

Das erste Wortschatzduell in der Reihe DaF kompakt liefern sich zwei Adverbien: endlich und schließlich. In diesem Artikel sehen wir uns an, warum diese beiden Wörter oft verwechselt werden, und üben ihre Verwendung in zahlreichen Beispielen.

Damit du am Ende sagen kannst: “Jetzt habe ich den Unterschied zwischen endlich und schließlich endlich verstanden.”

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Beginnen wir mit dem Wort endlich. Es hat nämlich nur eine zeitliche Bedeutung. Diese kann sich aber auf den objektiven Endpunkt einer Handlungs- oder Ereigniskette beziehen oder auf unser subjektives Zeitempfinden.

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endlich (Adverb)

  1. schließlich, schlussendlich, am Ende (selten)
    Wir haben das Projekt endlich erfolgreich abgeschlossen.
  2. nach einer als lang empfundenen Zeit; doch noch (meist emotional)
    Wann ist das Essen endlich fertig?

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Es scheint einleuchtend, endlich als Synonym für am Ende zu verwenden. Allerdings ist endlich in dieser Bedeutung in der Alltagssprache so selten, dass wir diese Bedeutung eigentlich ignorieren können. Wenn wir trotzdem über etwas am Ende einer Handlung- oder Ereigniskette sprechen möchten, sollten wir lieber eines der Synonyme in der Definition verwenden.

Wir haben das Projekt am Ende erfolgreich abgeschlossen.

Die zweite Bedeutung ist aber wieder interessanter. Auch hier bezieht sich endlich auf die Zeit, aber diesmal geht es um unser persönliches Zeitgefühl. Endlich drückt also aus, dass wir die Wartezeit auf etwas als sehr lang empfinden.

Endlich ist es Herbst. Das ist meine Lieblingsjahreszeit.
Er hat sieben Jahre lang studiert. Jetzt hat er endlich seinen Abschluss.

Wenn wir also sagen

Zieh dich endlich an!

dann meinen wir nicht, dass das Anziehen das Letzte ist, was wir machen, bevor wir morgens aus dem Haus gehen, sondern dass wir es sehr eilig haben, wahnsinnig ungeduldig sind und unserem Sohn schon mindestens zehnmal gesagt haben, dass er sich bitte seine Jacke und seine Schuhe anziehen soll. Er sitzt aber immer noch seelenruhig in seinem Zimmer am Boden und spielt mit seinen Zügen Erdbeben.

Für Situationen, in denen wir sehr emotional werden, ist das Wort endlich also ideal.

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Aber nun zum Wort schließlich. Auch schließlich hat zwei unterschiedliche Bedeutungen. Im Gegensatz zu endlich ist schließlich aber auch in beiden Bedeutungen gebräuchlich.

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schließlich (Adverb)

  1. nach einer langen Zeit, einer langwierigen Prozedur; endlich, zum Schluss
    Nach einem langen Aufstieg sind sie schließlich am Gipfel angekommen.
  2. sofort einleuchtende Erklärung, Begründung für etwas (aus Sicht des/r Sprechers/in)
    Das weiß ich doch. Schließlich bin ich nicht dumm.

Uns fällt natürlich sofort auf, dass sich die beiden ersten Bedeutungen von endlich und schließlich sehr ähnlich sind. Es ist theoretisch egal, ob wir sagen

Endlich ist Albert Einstein am 18. April 1955 in Princeton gestorben. oder
Schließlich ist Albert Einstein am 18. April 1955 in Princeton gestorben.

In dieser Aussage sind beide Wörter korrekt. Aber Vorsicht: In Wien (zumindest) ist das Wort schließlich aber auf jeden Fall gebräuchlicher. Endlich wird hier in der Alltagssprache äußerst selten verwendet.

Die zweite Bedeutung von schließlich hat keinen zeitlichen Bezug. Hier könnten wir das Wort “schließlich” auch durch“denn” oder “weil” ersetzen (wenn wir den Satzbau verändern). Hier hat schließlich also keine zeitliche Bedeutung, sondern eine kausale.

Natürlich versöhnen wir uns wieder. Schließlich sind wir Schwestern.
Kein Wunder, dass dir schlecht ist. Schließlich hast du den ganzen Tag nur Süßigkeiten gegessen.

Wichtig ist, dass bei schließlich mit der Bedeutung weil immer das Gefühl mitschwingt, die Begründung, die man liefert, läge auf der Hand und aus der Sicht des/r Sprechers/in ausreicht, um etwas zu erklären oder zu erreichen. Schließlich mit kausaler Bedeutung macht Aussagen also absolut und wird oft eingesetzt, um weitere Gespräche oder Diskussionen zu verhindern.

Du kannst dir schon selber die Schuhe zubinden, weil du kein kleines Kind mehr bist.

ist eine mehr oder weniger neutrale Aussage über Grund und Folge.

Der Satz

Du kannst dir schon selber die Schuhe zubinden. Du bist schließlich kein kleines Kind mehr.

drückt aber nicht nur einen Grund aus, sondern auch, dass Mama oder Papa keine Lust mehr haben, weiter über das Schuheanziehen zu diskutieren.

Pädagogisch wertvoll ist diese Verwendung von schließlich natürlich nicht. Aber das ist eine andere Geschichte.

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Wir sehen also: Es ist gar nicht so einfach, zwischen endlich und schließlich zu entscheiden.

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Ein kleine Entscheidungshilfe:

  • Wenn du dich auf etwas am Ende einer Handlung- oder Ereigniskette beziehen willst — wie zum Beispiel auf Einsteins Tod nach einem langen Leben — dann hast du die Wahl zwischen endlich oder schließlich. Wohnst du aber in Wien, solltest du in diesem Fall lieber das Wort schließlich verwenden.
  • Wenn du das Gefühl hast, etwas dauert länger oder hat länger gedauert, als du angenommen oder gehofft hast, verwendet das Wort endlich.
  • Wenn du eine Begründung angeben möchtest, solltest du schließlich verwenden. Sei dir aber bewusst, dass

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Profitipp:
Wenn du schließlich mit zeitlicher Bedeutung verstärken möchtest, kannst du und endlich anhängen.

Die Reise war sehr anstrengend. Wir mussten dreimal umsteigen und haben unseren letzten Flug verpasst. Schließlich und endlich sind wir doch noch angekommen.

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