SprachGeschichten

Sprachenlernen kennt kein Alter

In der Reihe SprachGeschichten spreche ich mit mehrsprachigen Menschen über ihre Sprachbiographie. Sie alle erzählen mir, welche Sprachen sie sprechen und welche Rolle sie in ihrem Leben spielen. Heute spreche ich mit Lena. Lena ist einsprachig aufgewachsen und hat erst spät ihre Liebe zum Sprachenlernen entdeckt. Im Interview spricht sie über Herausforderungen, Aha-Erlebnisse und ihren Mut, neben ihrem Job noch einmal ein Studium zu beginnen. 

Lenas Sprachenportrait

Lena hat vor unserem Gespräch ein Sprachenportrait gemalt. Dazu hat sie all ihre Sprachen mit bunten Farben in einen Körperumriss gezeichnet. Bei Lena befinden sich die Sprache in praktisch allen Körperteilen. Sie hat nicht nur Sprachen gemalt, die sie bereits spricht, sondern auch solche, die sie gern noch (besser) lernen möchte.
Der Zweck eines Sprachenportraits ist es, nicht nur die eigene Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen, sondern auch die Beziehungen zu und zwischen den Sprachen zu reflektieren, sowie potentielle „Lücken“ im eigenen Sprachrepertoire -zumindest am Papier – zu füllen.

Ein Herz für Sprachen

In der Schule kann Lena noch nichts mit Fremdsprachen anfangen. Der Unterricht langweilt sie und sie sieht keinen Sinn im Sprachenlernen. Doch sie reist oft nach Polen und beschließt auf eigene Faust Polnisch zu lernen. Nach mehreren Fehlversuchen und Gruppenkursen will sie mehr. Mehr Polnisch, mehr Sprache, mehr Sprachen.

Viele Jahre nach ihrer Ausbildung zur Physiotherapeutin geht sie zurück zur Uni und beginnt ein Slawistikstudium. Dort lernt sie nicht nur Polnisch, sondern auch Tschechisch, Niedersorbisch und Rumänisch. Mit jeder Sprache wächst auch ihre Sprachenliebe. Sie findet es spannend, verschiedene Sprachen miteinander zu vergleichen. Da macht es ihr wenig, wenn ihre Kinder verständnislos die Köpfe schütteln, wenn sie wieder einmal in eines ihrer Grammatikbücher vertieft ist.

Große Hürden für kleine Sprachen

Doch nicht alle Sprachen sind so leicht zu lernen wie Polnisch. Niedersorbisch, zum Beispiel, kann man in Berlin nicht studieren. Für den nächsten Sprachkurs müsste Lena bis nach Leipzig fahren. Deshalb besucht sie einen Onlinekurs.

Sorbisch ist gehört zu den westslawischen Sprachen und wir heute hauptsächlich noch in der Lausitz an der deutsch-polnischen Grenze gesprochen. Man unterscheidet zwei Schriftsprachen: Obersorbisch und Niedersorbisch. Das Obersorbische steht dem Tschechischen und Slowakischen sehr nah, das Niedersorbische hingegen teilt viele Gemeinsamkeiten mit dem Polnischen.

Doch egal ob Ober- oder Niedersorbisch, beide Sprachen gelten mitunter als stark gefährdet, da sie nicht mehr von vielen Menschen fließend gesprochen werden. Das gilt vor allem für das Niedersorbische. Niedersorbisch gilt als kleinste westslawische Sprache. Man geht heute von nur noch rund 7–10.000 Sprecher*innen aus. Die meisten davon sind zweisprachig und sprechen auch Deutsch.

Beide Sprachen sind in Deutschland als Minderheitensprachen anerkannt.

Sprachen sind nicht schwer

In der Zukunft möchte Lena auch Ungarisch und Jiddisch lernen. Sie weiß, dass irgendwann Schluss ist. Doch solange sie noch kann, wird sie noch weitere Sprachen in ihren Sprachrucksack packen.

Liebe Lena, danke für deine SprachGeschichte und dass du uns gezeigt hast, dass Sprachenlernen kein Alter kennt.

So findet ihr Lena im Internet